administrative Dienstleistungsinstitutionen zu machen, die wie selbständige
Unternehmen agieren sollten. Ihre Hoheitsfünktionen wurden aber nie
angetastet oder höchstens aufbestimmte Bereiche beschränkt. Sie behielten
stets die Kompetenzen, die Planziele vorzuschreiben und die Wirtschaft mit
Produktionsfaktoren zu versorgen; Vorgaben, die eine Wirtschaft, die nach
dem Branchenprinzip und dem Prinzip der hierarchischen Abhängigkeit
organisiert war, auch akzeptieren mußte. Wir wollen auf die institutionelle
Ausgestaltung noch weiter eingehen, da sie nicht nur für den staatlichen,
sondern auch für den genossenschaftlichen Sektor relevant war.
Die realsozialistische Wirtschaft war in unmittelbar aus der
administrativen Planung des Wirtschaftsablaufs sich ergebenden Wirtschafts-
bereichen strukturiert. Durch die imperative Wirtschaftssteuerung war es
relativ einfach, zwischen diesen Branchen "natürliche" Relationen zu
schaffen. Diesem Branchensystem hafteten zwei Mängel an. Einerseits waren
die Kosten für die Wirtschaftstätigkeit in diesem System, im Vergleich zu
den Marktwirtschaften, um vieles höher, und andererseits führte diese
künstliche Zerstückelung der Volkswirtschaft zu einer immer stärkeren
Desintegration der einzelnen Bereiche.Durch die Verhinderung jeglicher
Anpassung der Wirtschaftsbranchen untereinander wurden die Disproportionen
innerhalb der Volkswirtschaft immer größer und jeder Versuch, sie innerhalb
der Planwirtschaft zu mildem, führte zu noch höberen Kosten.
Durch die hierarchische Abhängigkeit der Unternehmen im Branchensystem
waren sie der jeweils höheren Stufen derartuntergeordnet, daß diese, mit
zah-lreichen Hoheitsfünktionen ausgestattet, über die untere Ebene voll und
ganz entscheiden konnten. Das unbedingte Festhalten an diesem Prinzip
erklärt auch, warum die Unternehmen, trotz vieler Reformversuche, nie eine
größere Selbständigkeit erlangten und eine ihnen kurzfristig zugestandene
Selbständigkei stets wieder entzogen werden mußte.Diese
Institutionalisierung und Organisierung wurde, infolge ihrer inneren
Systemlogik, allen Wirtschaftssubjekten, darunter auch dem Genossenschaft-
swesen, aufsezwzungen.
3. Die Strukturmürkmale der Wirtschaft des realen Sozialismus
Wir wollen hier nur auf jene Strukturmerkmale der realsozialistischen
Wirtschaft eingehen, die sich beim Übergang zur Marktwirtschaft als die
größten Hürden erweisen. Dies sind:
-Dominanz des staatlichen Eigentums;
-Vorherrschaft großer Unternehmen, die in der Regel Monopolstellungen
innehaben;
-Geschlossenheit:
-fehlende Marktinfrastruktur;
-ein spezifischer Verteilungsmechanismus.
3.1. Dominanz der staatlichen Wirtschaft
Der Anteil des Staates am Bruttosozialprodukt betrug in den realsozialis-
tischen Ländern im Jahre 1988 zwischen 70 und 90% (vgl. Tabelle l) und war
durch eine Erstarrung gekennzeichnet, d.h., es war kaum möglich, in ihm
stru-kturelle oder technologische Veränderungen durchzuführen oder sein
Verwal-tungssvstem zu reformieren. Die Forcierung des Zieles einer hohen
Wachstu-msrate hatte zwar langfristig eine extensive Expansion der
Wirtschaft mitsi-chgebrachl, d.h. eine Erweiterung des Produktionsapparates
durch die Gründung neuer Unternehmen. Gleichzeitig war aber auch damit eine
Minimierung der Modernisierung der bestehenden Anlagen und des bestehenden
Maschinenparks ver-bunden gewesen. Man hatte zwar einen enormen
Investitionsschub und eine relativ hohe Akkumulationsrate erzielt, aber bei
gleichzeitiger Aufrechterha-ltung veralteter Technologien in den
beslehenden Unternehmen. Damit waren große technologische Unterschiede
zwischen den Unternehmen und zwischen den Branchen vorprogrammiert, und es
fehlten an Mechanismen, ineffiziente Unternehmen zu eliminieren.
Das Ergebnis war eine permanente Warenknappheit - von Kornai als "Mangel-
wirtschaft" bezeichnet - und die Etablierung einer relativ starken Gruppe
von
"sozialistischen Managern", die sich jeder tiefergreifenden
Wirtschaftsreform des Wirtschaftssystems entgegenstellte. Dazu kam noch,
daß sich die staatliche Wirtschaftsverwaltung und der Parteiapparat mit dem
Management der Unternehmen derart verbündete, daß weder die eine, noch die
andere Seite stark genug waren, das bestehende Verflechtungsnetz zu
zerreißen. Die Staats- und Parteibehörden verfügten zwar auf zentraler
Ebene über ein umfassendes Versorgungssystem und hatten auch die
Möglichkeit, personelle Veränderungen in den Leitungsgremien der
Unternehmen vorzunehmen. Doch der Führungskader fand, zumindest als Ganzes,
die volle Unterstützung durch seine Belegschaft, die ebenfalls am Erhalt
des Status quo interessiert waren. So bildeten sich, sowohl auf Makro- wie
auch auf Mikroebene, zwischen der Zentrale und den Unternehmen
Interessengemeinschaften, quasi konservative Kräfte, die die ökonomischen
Strukturen versteinern ließen. Ein Zustand, der mit den lang-fristigen
Plänen nicht mehr konform war und sich immer mehr etablierte, je größer der
Rückstand dieser Wirtschaften zu den entwickelten Marktwirtschaf-ten wurde,
ein Rückstand, der sich vor allem in den 80er Jahren dramatisch erhöhte.
3.2. Monopolposition großer Unternehmen
Ein weiteres Wesensmerknal der realsozialistischen Wirtschaft waren
Großbetriebe, die es nicht nur im Staatssektor und hier hauptsächlich in
der Industrie, sondern auch in der Bauwirtschaft, in der Landwirtschaft und
auch bei anderen Wirtschaftsformen, wie z.B bei Genossenschaften gegeben
hat. Drei Effekte sind hier von ledeutung:
-Die Bildung von (Großbetrieben waren nicht ökonomisch, d.h. durch die
Ausnutzung von "economies of scale", sondern administrativ
determiniert.
Mit einer zentralen Wirtschaftsadministration konnten einige wenige
Großunternehmen besser verwaltet werden als eine große Zahl von
kieinen.
Eine Tendenz zur Gründung von Klein und Mittelbetrieben gibt es nur
unter
marktwirtschaftlichen Bedingungen.
-Die Forcierung der Bildung von Großbetrieben ging auch von den
Betriebsleitern aus, die sich dadurch eine stärkere
Verhandlungsposition
im Rahmen ihrer Auseinandersetzung mitler zentralen Verwaltung um
Produktionsfaktoren verschaffen konnten.
-Neben den Großunternehmen entstanden parallel dazu Monopole und
Oligopole. Dies war sowohl technisch-organisatorisch, als auch
ökonomisch
bedingt, letzteres vor allem bei neuen Unternehmen in früher nicht
existenten Branchen, und durch die bestehende; Devisenknappheit. Viele
dieser Neugründungen basierten aufimportierten Techniken und Technolo-
gien, denn es war in der Regel einfacher, einen großen statt vieler
kleiner Betriebe zu errichten. In den Volkswirtschaften der
realsozialis-
tischen Länder hatten ca. 30 bis 50% der großen Industrieunternehmen
eine
monopolistische oder quasimono-polistische Stellung inne und konnte da-
durch die Beziehungen zwiscnen ihnen und der Zentrale zu ihren Gunsten
verändern. Die zentrale Wirtschaftsver-waltung verfügte zwar weiterhin
über zahlreiche Hoheitsrechte gegenüber diesen Unternehmen, die sich
aber
aufgrund ihrer Große und unterstützt durch die Belegschaften und
vielfach
auch durch die regionalen Parteiapparate eine gewisse Selbständigkeit
verschaffen konnten.
-Aus diesen Machtkonstellationen resultierte eine Instabilität des
gesamten Wirtschaftssystems, da die Aufteilung der Devisen, Löhne und
aller anderen Produktionsfaktoren nur mehr auf Basis von Verhandlungen
erfolgen konnte. Es entstanden Volkswirtschaften, die weder reine
Kommandosysteme waren, noch ökonomische Anreizmechanismen aufwiesen.
3.3. Geschlossenheit
Ein weiteres wichtiges Merkmal der realsozialistischen Wirtschaft war
ihre
Geschlossenheit und damit Unabhängigkeit von der Intensität ihrer
Handelsver
bindungen mit dem Ausland, gerechnet nach dem Export- und Importvolumen
pro Kopf der Bevölkerung. Diese Feststellung erfordert eine Kommentierung,
zumal in der Literatur über die internationale wirtschaftliche Verflechtung
der Außenhandelsumsatz pro Kopf eine wichtige Kennziffer für den
Offnungsgrad
einer Volkswirtschaft ist. Die Geschlossenheit oder Quasi-Genchlossenheit
der
realsozialistischen Wirtschaft zeichnete sich durch drei Faktoren aus, die
aus dem staatlichen Außenhandelsmonopol resultierten:
-Die Preise auf dem Binnenmarkt waren von den Weltpreisen vollkommen
abge-
koppelt. Das bestehende Umrechnungssystem hatte in der Regel nichts mit
realistischen Kosten und Preisen gemein, da die Umrechnunssfaktoren aus-
schließlich von der Zentrale festgelegt wurden.
-Es gab keine direkte Verbindung zwischen der Exportgüterproduktion und
dem Absatz der Exportgüter auf dem Weltmarkt. Der Vertrieb der Exporte
erfolgte durch spezielle Außenhandelsorganisationen, die für die
Abwicklung der Auslandsgeschälte verantwortlich waren. Es gab eine
klare
Aufgabentrennung zwischen jenen, die produzierten, und jenen, die ver-
und auch einkauften.
-Die Währungen der realsozialistischen Staaten waren nicht konvertibel.
Die ofnziellen staatlichen Wechselkurse spiegelten nicht die Kaufkraft
der ausländischen Wällrungen wider.
Unter derartigen Rahmenbedingungen konnten sich keinerlei Mechanismen,
die den Anschluß dieser Wirtschaften an die internationale Arbeitsteilung
stimulierten, entwickeln. Die von oben festgesetzte Exportsteigerung oder
Importminimierung nahmen in den meisten Fällen auf die Warenknappheit auf
den Weltmärkten keine Rücksicht. Die Wirtschaft des realen Sozialismus war
nach innen und nicht nach außen gerichtet.
3.4. Fehlende Marktinfrastruktur
Die Finanzinstitute und Informationsnetze in der Wirtschaft des realen
Sozialismus mußten ohne Marktinfrastruktur auskommen. Sie
-waren völlig dem Staat und dessen Zielen untergeordnet,
-waren passiv und
-spiegelten nur die bestehende Güterstruktur wider, ohne innovative und
effizienzsteigemde Effekte zu erzeugen.
Ein wesentliches Merkmal des realsozialistischen Systems und direkte
Folge
der administrativen Eingriffe war, wie bereits erwähnt, die Struktur-
konservierung. Eine Marktwirtschaft basiert in der Regel auf vier Märkten:
dem Kapital-, dem Güter- und Dienstleistungs-, dem Devisen- und dem
Arbeitsmarkt. Eine Kommandowirtschaft verfügt über keinen dieser Märkte.
Auch die Anfang der 70er Jahre durchgeführten Wirtschaftsreformen in den
mittel- und osteuropäischen Ländern beschränkten sich auf die Einfuhrung
von Güter- und Dienstleistungsmärkten. Aber auch hier verblieb die
Preiskontrolle, zumindest für die Grundgüter und Dienstleistungen stets bei
den zentralen Verwaltungsbehörden.
Die Erfahrungen der Wirtschaftsreformen haben gezeigt, daß auch
marktorientierte Reformen nicht die Grundlagen für eine Marktinfrastruktur
zu schaffen vermochten. Diese fehlende Marktinfrastruktur stellt beim
gegenwärtigen über gang zur Marktwirtschaft eine der Hauptbameren für den
Transformationsprozeß dar.
3.5. Das Verteilungssystem
Das Verteilungssystem der realsozialistischen Staaten war im Vergleich
zu
jenen in den Marktwirtschaften durch folgende Merkmale geprägt:
-Das individuelle Einkommen der Wirtschaftssubjekte war relativ gering
und
hatte nur die Funktion, die Haushalte mit den wichtigsten Gütern und
Dienstieisrlingen des täglichen Bedarfs zu versorgen. Parallel dazu
wurde
eine Niedrigstpreispolitik betrieben, und es wurden zahlreiche
Subventionen und Zuschüsse für die Produktion der wichtigsten
Bedarfsartikel und Dienstleistungen gewährt. Es fehlte an autonomen
Mechanismen für Lohnsteigerungen; sie erfolgten in der Regel sprunghaft
und wurden durch Verhandlungen oder manchmal auch durch Streiks und
Preiserhöhungen erzwungen.
-Das Verteilungssystem garantierte jedem Bürger einen Mindestanspruch am
sogenannten Fonds der gesellschaftlichen Konsumption, entweder zu Nie-
drigstpreisen oder auch kostenlos. Dieser Fonds war im Vergleich zum
ökonomischen Niveau der realsozialistischen Länder stark
überdimensioniert. Damit besaßen diese Länder zwar ein hochentwickeltes
staatliches Fürsorgesystem.welches aber nicht ihrer jeweiligen
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit entsprach.
-Aus doktrinären Gründen durfte es offiziell keine Arbeitslosigkeit
geben,
was aber nicht hieß, daß der Beschäftigungsgrad in diesen Ländern mit
der
nutzung des Arbeitskräftepotentials Schritt hielt. Die
Vollbeschäftigung
war nicht ökonomisch, sondern sozial determiniert, in der Regel waren
in
den Unternehmen zu viele Mitarbeiter beschäftigt. Es gab eine hohe
versteckte Arbeitslosigkeit. Da die Unternehmen gezwungen waren, das
komplette Arbeitskräftepotential zu nutzen, waren die ausbezahlten
Löhne
nur geringfügig höher als das festgelegte Mindesteinkommen. Das
Beschäftigungs- und Einkommensystem gewährieisteie jedem ein Minimum an
wirtschaftlicher Sicherheit.
Dieses realsozialistische Verteilungssystem war ein weiterer Faktor für
das Scheitern jeder marktorientierten Reform: Die effektive Nachfrage
warrationiert, und jede Reformbestrebung änderte nichts ander Vorgabe, daß
der Verbrauch im Rahmen der Verteilung nur ein Residuum war. Das
Nationaleinkommen wurde zunächst für Investitionen (Akkumulation), den
Militärsektor und für die gesellschaftliche Konsumption verwendet, und erst
der verbleibende Rest floß in den individuellen Verbrauch. Dieses
Verteilungsprinzip blieb bei allen Systemmodifikationen stets unangetastet.
Sinkende Dynamik und fallende wirtschaftliche Effizienz des
sozialistischen Systems
Das Hauptziel der realsozialistischen Wirtschaft waren maximale
Wachstumsraten für das Nationaleinkommen und die Industrieproduktion. Neben
einer ideolosischen gab es dafür auch eine ökonomische Rechtfertigung:
-Man wollte damit die Industrialisierung der rückständigen Wirtschaften
der Länder des realen Sozialismus rasch vorantreiben, um so die
Wirtschaftsmacht dieser Länder durch eine Verringerung ihres Abstandes
gegenüber den hochentwickelten Marktwirtschaften zu demonstrieren.
-Es diente der Stärkung des Militärsektors, in einer in Militärblöcke
aufgeteilten Welt.
Fassen wir die Wirtschaft der RGW-Länder als Sammelbegriff für die
realso-zialistische Wirtschaft auf, so läßt sich - wie Tabelle 2 zeigt -
langfri-stig im Jahresdurchschnitt ein kontinuierlicher Rückgang der
Wachstumsraten feststellen, sowohl beim Nationaleinkommen als auch in der
Ñòðàíèöû: 1, 2, 3, 4
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